Gedenkgottesdienst 80 Jahre Frieden 27.04.2025
In der Nacht vom 28.04.1945 zum 29.04.1945 war die Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow zehn Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch von Brandgranaten getroffen worden und versank in Schutt und Asche. Die Kreuzgewölbe im Mittelschiff und im Chorraum wurden dadurch zerstört. Die barocke Kanzel, die ein einmaliges Kunstwerk des protestantischen Pietismus darstellte, und die Schuke-Orgel wurden ebenso unter den Trümmern der Kirche begraben.
Am 27.04.2025 feierte Pfarrer Hardy Enseleit mit der Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde in der Lutherkirche in Rathenow einen Gedenkgottesdienst. Es war nicht nur das Gedenken 80 Jahre nach der Zerstörung, sondern auch eine Feier für 80 Jahre Frieden in Deutschland. Pfarrer Ernst Detert hatte kurz bevor die Kirche 1945 zerstört wurde, den Böhmischen Marienaltar und die Gemälde „Christus vor dem Hohen Rat“ und „Simeon mit dem Kinde“ im Turm der Kirche einmauern lassen und so wurden sie vor der Zerstörung bewahrt. Pfarrer Friedrich Korth hat das Schiff nach dem Zweiten Weltkrieg unter großen Schwierigkeiten wiederaufbauen können und ab 1952 diente das Kirchenschiff im Sommer wieder der Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde für Gottesdienste und Konzerte. Der Chorraum war einfach zugemauert worden und statt der Kreuzgewölbe hatte man als Decke Sauerkohlplatten (HWL) eingebaut. Der Turm musste 1972 teilweise abgerissen werden und so stand die Kirche von 1972 – 1990 als Kriegsdenkmal mit Turmtorso in der Mitte der Stadt Rathenow.
Thomas Weisner
Lektor des Gedenkgottesdienstes
Nach der Einheit Deutschlands wurde die Ruine des Chorraums, aus der inzwischen große Bäume emporgewachsen waren, beräumt und ohne Kreuzgewölbe wiederaufgebaut. Als sich 1996 der Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. gegründet hatte, wurde die Lesart vom „Kriegsdenkmal“ aufgegeben und es erfolgte bis 2002 der Wiederaufbau des Turms mit spektakulären Hubschraubereinsätzen der Bundeswehr beim Aufsetzten der der dreiteiligen Turmspitze. 2010 wurden die Kreuzgewölbe im Mittelschiff und 2011 die Kreuzgewölbe in der Marienkapelle wiederaufgebaut. Bis 2025 soll nun die Hülle der Sankt-Marien-Andreas-Kirche komplett wiederaufgebaut sein. Dazu hat die Kirchengemeinde 7,5 Mio. € von der Bundesregierung und vom Land Brandenburg erhalten und so können jetzt die Kreuzgewölbe im Chorraum, zwei Emporen in den Seitenschiffen und eine Fußbodenheizung eingebaut werden. 80 Jahre Frieden und die Einheit Deutschlands haben das ermöglicht. In dem Gedenkgottesdienst am 27.04.2025 las Dr. Heinz-Walter Knackmuß die Geschichte von der Rettung des Romanischen Kelchs in den letzten Kriegstagen vor und er präsentierte einen Kugelschreiber, der aus dem Eichenholz eines angekohlten Balken der Kirche gefertigt wurde. So wurden die Reste der Brandnacht von 1945 im Jahr 2025 in Segen verwandelt.
Pfarrer Hardy Enseleit
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Pfarrer Hard Enseleit ging in seiner Predigt besonders auf den Psalm 84 ein in dem es heißt: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“
Er predigte über die Bedeutung der Kirchen in unserer Zeit und wieviel Freudentränen bei Taufen und Trauungen in ihnen vergossen werden. Dass das Wahrzeichen der Stadt Rathenow, die Sankt-Marien-Andreas-Kirche, 80 Jahre nach der Zerstörung zum Lobe Gottes wiederaufgebaut werden konnte, erfüllt die meisten Menschen der Stadt mit Freude und Dankbarkeit.
Dr. Heinz-Walter Knackmuß 28.04.2025
80 Jahre Frieden – Ein alter Balken wird zum Segen
Landrat Roger Lewandowski am 01.03.2019
mit einem alten Balken von der Sankt-Marien-Andreas-Kirche
Georg Heimerdinger, ein junger Pfarrer aus dem heiligen Schlesien, kam 1907 zu einer Gastpredigt nach Rathenow und bekam die Pfarrstelle. Von 1924 -1951 war er auch Superintendent im Kirchenkreis Rathenow. Als in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 die Kirche in Schutt und Asche versank, weinte er viele Tränen, denn inzwischen war ihm die Sankt-Marien-Andreas-Kirche ans Herz gewachsen. Er wusste schon, dass man sein Herz nicht an irdische Dinge hängen sollte, sondern allein an Gott, aber es tat einfach weh. Er hatte aus den brennenden Holzbalken der alten Kirche ein paar Balken herausgezogen und in der Gemeinde als Erinnerung aufbewahrt. Nun hatte der Landrat des Landkreises Havelland, Roger Lewandowski, die Idee aus altem Holz von der Sankt-Marien-Andreas-Kirche Schreibmaterialien zu fertigen. Am 01.03.2019 nahm er einen Balken aus den Trümmern der alten Kirche in Empfang. Arnim Kühne von der Falkenwerkstatt aus Falkensee in der Reinickestr.5 (Tel.: 03322-244720) fertigt edle Füllfederhalter und Kugelschreiber aus unterschiedlichsten Materialien.
80 Jahre nach der Zerstörung
Im April 2025 hatte er eine Kollektion von Füllern und Kugelschreibern aus dem alten Kiefernbalken fertiggestellt und überreichte ein Musterexemplar an den Ehrenbürger der Stadt Rathenow und Vorsitzenden des Förderkreises, Dr. Heinz-Walter Knackmuß. Herzlichen Dank an Arnim Kühne und so kann man mit Theodor Fontane sagen: „So spendet noch immer Segen der Brand der Rathenower Kirche im Havelland.“
80 Jahre nach dem verheerenden Brandnacht (28.04-29.04.2945) in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche präsentiert er nun eine Kollektion von Schreibgeräten aus dem alten angekohlten Eichenbalken der Kirche. Die Sankt-Marien-Andreas-Kirche war noch zehn Tage vor dem Kriegsende von Brandgranaten getroffen worden und brannte völlig nieder. Erst 2025 wird die Kirche mit Fördermitteln der Bundesregierung und des Landes Brandenburg in der Hülle komplett wieder aufgebaut sein. 80 Jahre hat es gedauert, bis mit Hilfe des Förderkreises zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. und seinen über 270 Mitgliedern in ganz Europa und Kanada die Kirche zum Lobe Gottes zum Teil neu errichtet werden konnte. Der Wiederaufbau ist dann aber noch nicht abgeschlossen. Es fehlt noch eine neue Orgel (1 Mio. €) und die Nachschnitzung der barocken Kanzel (1 Mio. €), die ein einmaliges Kunstwerk des protestantischen Pietismus war. Und als neue Aufgabe zur Erhaltung der Schöpfung Gottes Photovoltaik auf dem Kirchendach. Dr. Manja Schüle, die Kulturministerin des Landes Brandenburg, hat das mit einer neuen Verordnung ermöglicht. An erster Stelle gilt aber Dank an Gott, gelobt sei sein Name, der den Wiederaufbau mit seinem Segen begleitete.
Dr. Heinz-Walter Knackmuß 12.04.2025
Besuch bei Arnim Kühne in Falkensee
07.05.2025
Arnim Kühne (90)
Die Schatzmeisterin des Förderkreises Heidi Maria Binder, der Vorsitzende des Förderkreises Dr. Heinz-Walter Knackmuß und sein Frau Viola Knackmuß besuchten am 07.05.2025 den Schreibgerätekünstler Arnim Kühne (90) in Falkensee in der Reinickestr. 5 (Tel:03322-244720) und bewunderte seine vielen Kugelschreiber, Füller und Schreibsets. Er hatte im Auftrag des Landrats des Landkreises Havelland, Roger Lewandowski, schon etliche Kugelschreiber aus dem alten Kiefernholzbalken der Sankt-Marien-Andreas-Kirche angefertigt und es ging jetzt darum, dass der Meister auch Kugelschreiber und Füller und Schreibsets aus dem alten Kiefernbalken, der vom Brand 1945 gerettet wurde, für den Förderkreis fertigte.
von links: Schatzemeisterin Heidi Maria Binder, Viola Knackmuß, Dr. Heinz-Walter Knackmuß
Kugelschreiberset
Füller
Kugelschreiber aus dem alten Kiefernholzbalken
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 07.05.2025
80 Jahre Frieden - Geschichte eines Kelchs
Der spätromanische Abendmahlskelch und der dazu gehörige Brotteller (Patene) ist aus vergoldetem Silber und stammt wahrscheinlich aus Niedersachsen und wird in seiner Herstellung auf das Jahr 1260 oder 1280 datiert. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) soll der Kelch auf dem Rathenower Friedhof vergraben worden sein. Da der Krieg sich aber über so viele Jahre hinzog, starben die Menschen, die ihn vergraben hatten und das Versteck geriet in Vergessenheit. Als 1637 Matthias Lüssow als neuer Superintendent, den man damals Inspektor nannte, nach Rathenow kam, hatte er an einem Tage bei hellem Licht eine Vision. Ein unsichtbarer Begleiter führte ihn über den Friedhof und blieb vor einem alten Grab stehen, aus dessen Tiefe ein goldener Kelch leuchtete. Als Matthias Lüssow bei alten Gemeindemitgliedern herumfragte, hörte er nur vage Gerüchte. Er ließ trotzdem an der Stelle graben und fand in großer Tiefe den goldenen Kelch und andere Abendmahlsgeräte in einer Holzkiste. Nach vielen Jahren der Benutzung geriet der kostbare Kelch in Vergessenheit. Das Gold war im Laufe der Jahre abgeputzt und der Kelch wurde unbeachtet in einem Schrank der Sakristei aufbewahrt. Ein neuer Kelch für 150,00 Mark war für die Feier des Abendmahls angeschafft worden. Eines Tages besichtigte ein Kunstkenner die Kirche, sah den alten Kelch und meinte, er sei von höchstem Wert. Der Gemeindekirchenrat entsandte ihn deshalb zum Leiter des Kunstgewerbemuseums in Berlin, Professor Lessing. Professor Lessing schätze ihn auf 5.000,00 Goldmark und bedauerte, dass das Museum ihn zurzeit nicht kaufen könne. Nach dieser Expertise wurde der Kelch im Tresor aufbewahrt und nur für das erste Abendmahl der Konfirmanden benutzt. 1914 bot ein Kunsthändler für den Kelch 15.000,00 Mark. Da die Gemeinde für den Neubau einer zweiten Kirche Geld benötigte, war die Versuchung groß, den Kelch zu veräußern. Nach internen Überlegungen wurde dem Käufer mitgeteilt, dass der Kelch unter 30.000,00 Mark nicht zu haben sei. Daraufhin erschien ein zweiter Kunsthändler, der angeblich im Auftrag eines holländischen Grafen 30.000,00 Goldmark und etwas später 50.000,00 Goldmark bot. Außerdem würde er bei einer Düsseldorfer Firma eine Kopie für 1.500,00 Mark in Auftrag geben, die nur ein Kenner vom Original unterscheiden könnte. 2.000,00 Mark wollte der Kunsthändler dem Superintendenten Georg Heimerdinger persönlich überreichen. Nach einer hitzigen Debatte im Gemeindekirchenrat war bei der Abstimmung Stimmengleichheit entstanden. Der Superintendent, Georg Karl Heimerdinger, gab letztendlich mit seiner Stimme den Ausschlag für das Verbleiben des Kelchs in der Gemeinde. Wenig später kam es zur Inflation (1914 -1923), sodass das angebotene Geld keinen Wert mehr gehabt hätte.
Vor 80 Jahren
Der Rathenower Pfarrer Ernst Detert gehörte im Zweiten Weltkrieg der Bekennenden Kirche an, die während der Nazi-Zeit gegen die Verfälschung des Evangeliums auftrat. Als im April 1945 die russischen Truppen sich immer mehr der Stadt Rathenow näherten, musste man damit rechnen, dass sie, wie überall sonst, plündern und rauben würden. Pfarrer Detert wusste, dass sich der Abendmahlskelch im Tresor des Kreishauses am Kaiser-Wilhelm-Platz befand. Als der Beschuss auf Rathenow schon begonnen hatte, nahm er sein Fahrrad und begab sich vom Kirchplatz zum Kreishaus. Er musste immer wieder Zuflucht in einem Torweg suchen, um nicht von einer Kugel getroffen zu werden. Er kannte den Hausmeister im Kreishaus, der ihm den kostbaren Kelch aus dem Tresor übergab. Er steckte ihn in seine Talartasche und stellte alles auf den Gepäckständer seines Fahrrades und radelte wieder zurück zum Kirchplatz. Die Rückfahrt war zufällig in einer Angriffspause und verlief deshalb unkompliziert. Aber nun stand er vor dem Problem, wo man den Abendmahlskelch vor den marodierenden Soldaten verstecken sollte? Der Kelch konnte zwar auseinandergeschraubt werden, aber in seinem Etui konnte er unmöglich aufbewahrt werden. Die Idee, ihn im Garten zu vergraben, wurde schnell verworfen, auch ihn im Hühnerfutter zu verstecken, schien nicht sehr realistisch. Pfarrer Ernst Detert hatte in seiner Wohnung eine Bibliothek mit Tausenden von Büchern. So versteckte er die drei Teile des Kelches hinter den Büchern der Bibliothek. Als die russischen Soldaten nach Rathenow kamen, haben sie Uhren, Ringe und alles Erdenkliche mit Gewalt an sich gebracht. Auch wurde der Pfarrer mit seiner Familie gezwungen, das Pfarrhaus zu verlassen und in das zehn Kilometer entfernte Dorf Stechow zu fliehen. Als er nach zwei Tagen ins Rathenower Pfarrhaus zurückkehren durfte, sah er, dass alles geplündert und geraubt worden war, aber den Kelch hinter den Büchern hatten russischen Soldaten nicht entdeckt. Nach mehreren Monaten gab es wieder eine Eisenbahnverbindung von Rathenow nach Berlin und Pfarrer Ernst Detert brachte den kostbaren Kelch zur neuen Kirchenleitung nach Westberlin in die Jebensstraße 3, wo er im Tresor blieb, bis ruhigere Zeiten die Rückkehr des Kelches nach Rathenow erlaubten. 1967 wurde der Kelch anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Kunstgewerbemuseums in Berlin-Köpenick in einer Sonderausstellung gezeigt. Vom 31.08. - 06.12.2009 wurde der Romanische Kelch als einer der Schönsten in der Ausstellung „ Aufbruch in die Gotik“ im Kulturhistorischen Museum in Magdeburg präsentiert. Bei feierlichen Gottesdiensten wird der Kelch heute aus einem Tresor geholt und dient wie seit über 700 Jahren seiner eigentlichen Bestimmung, Körper und Blut von Jesus Christus in Gestalt von Brot und Wein den Christen in Rathenow zu reichen. Durch diese Abendmahlsgemeinschaft mit dem lebendigen Christus ist auch die Rathenower Gemeinde mit allen Christen verbunden, die seit über 700 Jahren von diesem Brotteller (Patene) gegessen und aus diesem Kelch getrunken haben.
Dr. Heinz-Walter Knackmuß 12.04.2025
Presseecho BRAWO Brandenburger Wochenblatt (26.04.2025)