68-Landin-Eierlikör für den Kirchenrat 01.10.2022

 

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Pfarrer Hans Braune (Medaillon)
links neben ihm Bischof Otto Dibelius
und daneben Superintendent des Kirchenkreises Rathenow
Johannes Reichmuth (*27.04.1898 - † 07.02.1977)

Der Baumamtsleiter im Konsistorium der Landeskirche Berlin-Brandenburg war von 1953 -1966 Kirchenbaurat Winfried Wendland (*17.03.1903 - † 17.10.1998). Er arbeitete als Architekt seit 1949 im Kirchlichen Bauamt und übernahm ab 1953 die Leitung. Er war ein gestrenger Herr, der alle Baumaßnahmen an Kirchen genehmigen musste und manchmal auch Geld dafür zusteuerte. In Landin war Pfarrer Hans Braune (* 14.04.1913) für die Kirche und die Gemeinde zuständig und sein Bruder war auch Pfarrer in Görne. Beide Brüder hielten engen Kontakt. Der Pfarrer Gerhard Adolph Theodor Braune (*27.06.1902) aus Görne war der Ältere und schon seit 1930 in Görne. Sein jüngerer Bruder schrieb ihm fast jeden Tag einen Brief und fragte ihn nach kirchlichen Dingen und wie er das handhabe? Es ging dabei aber auch um alltägliche Sachen, wie man zu einem Fahrzeug käme, denn es wurden immer mehrere Gemeinden betreut. Anfänglich konnten man nach dem Zweiten Weltkrieg ein Moped bekommen, das man selbst im thüringischen Suhl abholen musste. Wo bekam man dann dafür Ersatzteile her? Alles wurde zwischen den Brüdern über Briefe ausgetauscht. Pfarrer Hans Braune war seit 1950 Hilfsprediger in Kriele mit der Verwaltung Kotzen. Er ging 1960 nach Haage und 1970 nach Potsdam zur Heilig-Geist-Gemeinde.  Aus dem Briefwechsel ging aber auch hervor, dass die Kirche in Landin kaputt war und im hohen Maße reparaturbedürftig. Durch die vielen Flüchtlinge in Landin gab es auch eine enorme Fluktuation unter den Gläubigen und dazu kam, dass die meisten Flüchtlinge katholisch waren. Es war aber in Landin keine Kerngemeinde, die die Baumaßnahmen mittragen konnten. Es kümmerte sich kaum jemand um die Renovierung der Kirche. Die beiden Brüder besprachen, dass das Fachwerk auf der Nord- und Ostseite ausgetauscht werden müsste.

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Fachwerk der Landiner Dorfkirche (2022)

Auch die Gestaltung der Fenster wurde erörtert. Pfarrer Gerhard Braune aus Görne sah, dass in Landin an der Südseite Spitzbogenfenster waren, die nach seiner Meinung nicht dahin passten, weil die Kirche sonst ganz barock war. Er schlug vor, dass die Fenster rautenförmig gemacht werden sollten und genauso gestaltet werden, wie die viereckigen Fenster, die neben dem Altar.

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Pfarrer Gerhard Braune aus Görne

Der Pfarrer Gerhard Braune aus Görne riet seinem Bruder, den Kirchenbaurat Winfried Wendland anzuschreiben, denn ohne Hilfe der Kirchenleitung wäre das nicht zu bewältigen. Der kam aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger Kirchenoberbaurat Curt Steinberg (*12.12.1880 - † 13.12.1960) nicht regelmäßig in die Gemeinden. Der Kirchenoberbaurat Curt Steinberg besuchte vor 1945 die Gemeinden vier bis fünfmal im Jahr.

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Fensterfront der Landiner Dorfkirche (2022)

Der Pfarrer Hans Braune aus Landin schrieb am 17.11.1951 an den Kirchenbaurat Winfried Wendland.

Sehr geehrter Herr Architekt,
wollen Sie nicht am 28. und 29. November zu mir kommen? Sie schlafen im Kotzener Pfarrhaus in der großen Stube, in der Sie doch so trefflichen Eierlikör gebraut haben, sodass der Volkswagen danach wie ein Bienchen lief. Ein ordentliches Bett kann ich Ihnen reinstellen und Ihr Fahrer kommt bei der Gemeindeschwester in Kotzen unter. Es ist hier schon alles abgesprochen. Geben Sie mir doch bitte Nachricht, ob ich mit Ihrem Glanz in meiner bescheidenen Hütte rechnen darf? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie zu mir kämen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Pfarrer Hans Braune

 

Winfried Wendland kam und braute mit Pfarrer Hans Braune den Eierlikör mit viel Zucker, einer großen Menge Eigelb und echtem russischem Wodka. Aber offensichtlich ist Likör misslungen oder der Wodka war doch billiger Fusel.

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Der missratene Eierlikör für den Kirchenbaurat Wendland

Es ging um die Form der Fenster in der Landiner Kirche und die Art der Verglasung. Der Pfarrer Hans Braune wollte die Fenster in Rautenform haben. Der Kirchenbaurat wollte dem Vorhaben in der Landiner Kirche nicht zustimmen. Er war als oberster Bauherr der Kirchenleitung in der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg für alle Baumaßnahmen zuständig. Aber ob es nun romanische, gotische oder barocke Kirchen waren, bei der Farbgebung durften nach Meinung des Kirchenrates Winfried Wendland nur drei Farben verwendet werden: Grau, Weiß oder Gold. Das trug ihm den Spitznamen: Grauweißgold ein.

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Kirchenfenster Dorfkirche Landin (2022)

Stattdessen schrieben sich beide gegenseitig endlose Beschwerdebriefe. Der Eierlikör hatte seine Wirkung völlig verfehlt.  Der Kirchenrat beschwerte sich beim Superintendenten des Kirchenkreises Rathenow, Georg Heimerdinger und später bei dem Superintendenten Johannes Reichmuth, über den Pfarrer Hans Braune und der Pfarrer Hans Braune beschwerte sich beim Bischof der Landeskirche, Otto Dibelius (*15.05.1880 – † 31.01.1967) über den Kirchenbaurat Winfried Wendland. Diese Streitigkeiten gingen fast sieben Jahre lang und der Kirchenrat Winfried Wendland lehnte alle Bauvorhaben des Pfarrers Hans Braune ab und brachte den Pfarrer bei jeder passender und unpassender Gelegenheit in Misskredit. Die Hoffnungen, die Pfarrer Hans Braune in den Kirchenbaurat Winfried Wendland gesetzt hatte, waren leider nicht erfüllt worden. Der Sinn Gottes Handeln ist für Menschen nicht erkennbar. So musste Pfarrer Hans Braune erkennen, dass trotz aller Anstrengungen eine Renovierung der Kirche damals nicht möglich war.

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.10.2022