7-Landin-am 01.09.2017

 

Eine Hochzeit in Landin

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 Inge und Bernd Mewes mit ihren Gästen vor der Gaststätte Muchow in Landin


Eine Hochzeitsfeier ist schon ein großes Ereignis in einem kleinen Dorf wie Landin. Die Menschen leben enger zusammen. Die Natur ist den Menschen viel näher als in der Stadt. Die Jahreszeiten Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter werden hautnah erlebt. Bernd Mewes aus Landin hatte seine Liebe in Grevesmühlen an der Ostsee gefunden und heiratete am 13.08.1966 in Landin seine Inge. Die Feier begann mit dem Hochzeitszug zur Kirche und Lisa Gretzinger konnte noch jahrelang bis auf jede Einzelheit genau beschreiben, was die Frauen für Kleider anhatten.

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Brautzug zur Kirche

 

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                                                                                                                Brautzug zur Kirche

Die festlich geschmückte Kirche war wunderschön. Überall hatte die Brautleute Rosen an die Bankreihen befestigt. Eine große Fichtengirlande schmückte den Eingang zur Kirche. Die Glocke läutete, als der Brautzug zur Kirche ging und als er die Kirche wieder verließ. Die Braut konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, aber Bernd Mewes hielt seine Frau fest an der Hand und gab ihr Mut und Kraft für diese bedeutende Stunde. Der Pfarrer predigte über das erste Wunder, das Jesus Christus bewirkte. Er war auf einer Hochzeit in Kana mit seinen Freunden eingeladen worden. Das Brautpaar war nicht so reich. Bei den vielen Gästen ging ihnen der Wein aus, und es war ihnen sehr unangenehm. Die Mutter von Jesus, Maria, sprach daher mit ihrem Sohn und bat ihn, den jungen Leuten zu helfen. Er weigerte sich zunächst, gab aber dann doch dem Servierpersonal die Anweisung sechs große Wasserkrüge, die zur rituellen Waschung dienten, mit frischem Wasser zu füllen und davon eine Probe dem Koch zu bringen. Als der Koch von dem Wasser kostete, war er völlig perplex, denn er hatte noch nie einen so guten Wein gekostet. Der Trauspruch lautete: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1 Kor 16,14). Nach dem Segen verließ das Brautpaar die Kirche. Die Dorfkinder hatten sich an der Straße aufgestellt und hatte alle 300 m eine Wäscheleine über die Straße gespannt. Der Bräutigam musste immer etwas Kleingeld den Kindern hinwerfen. Dann lockert sie die Sperre und ließen den Brautzug durch. Die Hochzeitsgesellschaft stellte sich zum Fototermin vor der „Gaststätte Muchow“ auf. Der Fotograf Haecker kam mit einem kleinen Auto aus Rathenow und bildete die Hochzeitsgesellschaft professionell ab.

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Das Essen bestand aus einem Dreigängemenü und wurde im Saal der Gaststätte serviert. Zuerst wurde eine Hochzeitsuppe gereicht. Das war eine Gemüsebrühe mit Eierstich und kleinen Gehacktesklößchen. Danach gab es Kartoffeln mit Schweinebraten und Rinderbraten und Gemüse, das aus Blumenkohl, Buttermöhren, Erbsen und Spargel bestand. Als Nachtisch wurde den Gästen Rote Grütze mit Vanillesoße angeboten. Dazu wurde Wein, Bier und Saft gereicht. Nach dem Mittagessen gingen die Brautleute und die Jugend durch das Dorf und präsentierten ihr junges Glück bei allen Nachbarn. Die Alten waren im Saal sitzengeblieben und warteten auf den Kaffee und den Kuchen, den es am späten Nachmittag geben sollte. Es waren viele Torten gebacken worden. Dazu gab es Streuselkuchen, Bienenstich und Pflaumenkuchen mit Sahne. Alle Verwandten hatten beim Backen geholfen und die Kuchen und Torten am Polterabend in der Speisekammer der Gasstätte abgestellt. Leider hatte Hertha Brunow nicht bemerkt, dass ein Fenster zur Speisekammer offenstand. In der Nacht waren die Katzen hereingesprungen und hatten etliche Kuchen angefressen. Aber es war noch genug unversehrter Kuchen erhalten geblieben, sodass die Gäste nichts davon mitbekamen. Ärgerlich war es trotzdem. Nach dem Spaziergang gab es Kaffee und Kuchen und für die Kinder Kakao, und es wurde noch einmal tüchtig geschwelgt. Gerda Burow, die Stiefmutter von Bernd Mewes, war eine talentierte Hobby-Dichterin und hatte ein langes Hochzeitsgedicht gemacht und trug es dem Brautpaar und den Gästen vor. Inzwischen war auch eine kleine Musikkapelle erschienen und die Braut und der Bräutigam eröffneten den Tanz. Jeder wollte nachher natürlich einmal mit der Braut tanzen. Als man sich gegen sieben Uhr am Abend zu Tisch setzte, war die Braut schon etwas ermattet und froh, dass es erstmal eine kleine Pause gab, denn das Abendessen war deftig und ausgiebig. Es gab Kassler vom Schwein mit Sauerkraut, Nudelsalat und Kartoffelsalat, Bockwurst und belegte Brote. Hauptsächlich wurde Bier getrunken. Natürlich standen auch Schnaps, Likör und Wein bereit für die, die danach verlangten. Nach dem Abendessen ging es weiter mit dem Tanz und allerhand Spielen, die sich immer um das junge Paar drehten. Freunde hatten Geschenke für die junge Leute zusammengetragen. Unter anderem war auch ein Geschirrspüler in einem großen Karton verpackt übergeben worden. Als die Braut das Packet auspackte, kam ihr Ehemann mit einem Abwaschtuch heraus. Es gab eine kleine Modenschau mit altertümlichen Kostümen, was die Hochzeitsgesellschaft sehr amüsierte. Kurz vor Mitternacht verabschiedete sich das Brautpaar mit dem Brautschleiertanz. Die Braut hatte ihren Schleier recht locker aufgesteckt und alle jungen Paare versuchten während des Tanzes den Schleier zu erhaschen. Wer den Schleier bekam, heiratete als nächstes Paar, so der Brauch. Das Brautpaar verließ danach das Fest, während die Gäste noch bis in den frühen Morgen feierten.

© Dr. Heinz-Walter Knackmuß 01.09.2017