3- Landin

3. Karl und Betty

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Betty Ast wohnte mit ihrem Mann Karl in der Nähe der kleinen Dorfkirche in Landin. Jeden Sonntag ging das Ehepaar zum Gottesdienst. Im Winter war es in der Kirche zu kalt und da feierte man alle Gottesdienste in der Gaststube des Gasthofes Max Muchow, der inzwischen Hertha Brunow gehörte. Hertha Brunow war eine fromme Frau, die mit allen Pfarrern engste freundschaftliche Beziehungen pflegte. So war es für sie selbstverständlich, dass sie ihr Haus im Winter für die Gottesdienste öffnete. Dafür nahm sie sich das Recht heraus, die Predigten und den Gottesdienstablauf heftig zu kritisieren. Der Pfarrer konnte predigen, was er wollte, es gab immer Kritik. Eine Ausnahme gab es aber doch. Der Pfarrer Karl Domsch lobte Hertha Brunows Engagement für die Kirchengemeinde in den höchsten Tönen, was sie denn doch dazu bewegte, mit ihm Milde walten zu lassen. Als Pfarrer Karl Domsch in Rente ging, ließ er sich in Gelsenkirchen nieder und lud Hertha Brunow zu einem Besuch ein, was sie sehr gern annahm. Elfriede Müller kam zu jedem Gottesdienst aus Kriele und spielte auf dem alten Klavier in der Gaststube die Liturgie und die Gemeindelieder. Betty Ast sang mit Leidenschaft, denn sie hatte eine schöne Stimme. Ihr Lieblingslied war „So nimm denn meine Hände und führe mich, bis an mein selig` Ende und ewiglich“ nach der Melodie von Friedrich Silcher. Sie war zwölf Jahre jünger als ihr Mann Karl. Die Astens hatten einen Kredit aufgenommen und ein kleines Häuschen in der Parkstraße für ihren Sohn gekauft. Es war damals schwer, den Kredit abzuzahlen. Als Betty Ast bei einer Geburtstagsrunde bei Hertha Brunow saß, meinte sie:“ In zehn Jahren werden wir den Kredit für das Häuschen abgezahlt haben. Schade, dass Karl das nicht mehr erleben wird.“ Karl Ast war ja sehr viel älter und schon etwas kränklich. Doch Gottes Wege sind anders, als die Menschen denken. Betty bekam Darmkrebs und starb nach ihrem 70. Geburtstag, während Karl über 90 Jahre alt wurde und hoch betagt in einem Rathenower Altenheim starb.

 

© Dr. Heinz-Walter Knackmuß 01.05.2017