Biografie von Fürst Otto von Bismarck

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Er ist vielleicht der berühmteste deutsche Politiker aus vergangener Zeit. Otto von Bismarck wurde unweit unserer Stadt Rathenow in Schönhausen an der Elbe am 1. April 1815 geboren. Seine Familie gehörte schon seit dem 13. Jahrhundert zum altmärkischen Landadel. In einem Rest der ursprünglichen Schlossanlage ist heute dort ein sehenswertes Bismarck – Museum untergebracht.

Otto, der junge Adlige, wurde „bürgerlich“ ausgebildet: Er besuchte ein Berliner Gymnasium und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften. Nach dem anschließenden Militärdienst kam er nach Schönhausen zurück. Sein erstes öffentliches Amt, Deichgraf von Jerichow, übernahm er 1846.

Als die revolutionären Unruhen 1848 ausbrachen, die die preußische Monarchie ins Wanken brachten, bekannte sich Bismarck lautstark zum preußischen König. Dabei sah er aber auch schon, dass künftige konservative Politik kein blindes Beharren auf Althergebrachtem sein darf. Er wollte die Herrschaft des Adels reformieren, um sie zu festigen.

In diesem Sinne hielt er in Rathenow Wahlreden und wurde dafür von Rathenower Wahlmännern in den Preußischen Landtag gewählt. (Das damalige „Dreiklassenwahlrecht“ war natürlich noch nicht demokratisch!) Dennoch, Bismarcks einzigartige politische Karriere begann in unserer Stadt! 1862 wurde er preußischer Ministerpräsident, 1871 Reichskanzler des „mit Blut und Eisen zusammengeschweißten“ deutschen Kaiserreiches. Die Einigung Deutschlands war sein Werk, er hatte sie skrupellos durch mehrere Kriege erzwungen.

In der Biografie des Ehrenbürgers von Rathenow, Johann Friedrich Meuß (1813 –1878) schrieb dessen Sohn, Johann Friedrich Meuß (1852 –1930), Kapitän zur See,  in seinen Aufzeichnungen: „Einiges ist noch zu sagen in Bezug auf die öffentliche Tätigkeit des Vaters. In dem Sturmjahr 1848, als alles drohend sich erhob gegen den angestammten Herrscher, da hielt er treu zu denen, deren Wahlspruch war „ mit Gott für König und Vaterland.“ Er war einer der Hauptführer der Conservativen in Rathenow, er war ein Mittel zur Wahl des Herrn von Bismarck-Schönhausen in den Preußischen Landtag, ins Erfurter Parlament; viel und oft haben beide conferiert, verschiedene Briefe von des Reichskanzlers Hand zeigen, dass er durch Vater seine Wähler stets auf dem Laufenden der politischen Ereignisse und seines Anteils daran erhalten hat. Durch Bismarcks Unterstützung und Verwendung gelang es Vater auch später, der Stadt wieder zu einer Garnison, die im öffentlichen Verkehr schmerzlichst vermisst wurde, zu verhelfen.“ Dies war das Brandenburgische Husarenregiment Nr. 3, die berühmten roten Zietenhusaren, die schon 1851 anstelle der zwei Schwadronen der Brandenburger Kürassiere nach Rathenow verlegt wurden. Als diese am 14.11.1848 ausrücken sollten, um den Oberbefehlshaber in den Marken ernannten General Graf von Wrangel bei der Wiederherstellung der Ordnung zu unterstützen, wurden sie daran am Berliner Tor durch Teile der aufgehetzten Einwohner gehindert und mussten sich mühsam einen Ausweg durch das Brandenburger Tor bahnen. Über diesen Vorfall war der König mit Recht empört, dass er die Stadt durch Verlegung der Garnison nach Brandenburg bestrafte. Die Kürassiere wollten auch nach diesen Vorfällen nicht mehr nach Rathenow zurück und wurden dabei durch den General von Wrangel unterstützt. Davon ist in den noch erhaltenen Bismarck-Briefen an Johann Friedrich Meuß (1813 -1878) mehrfach die Rede, aber auch von anderen Dingen. So schrieb Bismarck am 04.10.1849: „ Unser Unglück in der Kammer ist und bleibt der Ehrgeiz der Parteiführer. Wer über ein Dutzend Stimmen disponiert, betrachtet sich als rechtmäßiger Erbe eines Portefeuilles (Geschäftsbereich eines Ministers), und findet, dass sein Vorgänger, der jetzige Minister, schon viel zu lange im Amte ist. An diesen Führern hängt eine große Menge von Leuten, die glauben, bei einem Wechsel der Minister wenigstens mit einer Präsidentenstelle bedacht zu werden.“ Ob das in parlamentarisch regierten Staaten nicht auch noch heute so sei, wird vom Enkel des Ehrenbürgers Joachim Andreas Meuß (1901-1985) angemerkt. Über die Wahl selbst steht in der 1904 erschienen Monografie über Bismarck von Eduard Heyck auf Seite 58: „ In Rathenow hatte er sich persönlich vorgestellt und nach einer Kandidatenrede sagten die dortigen Urwähler: „Das ist unser Mann.“ Ihre Wahlmänner gaben dem Gegner eine, Bismarck 31 Stimmen und das reichte gerade hin, letzteren durchzubringen. Die Stadt Rathenow hat so vielleicht das Verdienst, dass er damals nicht von der politischen Bildfläche wieder verschwunden ist, jedenfalls den Ruhm, ihm in den Sattel des neuen konstitutionellen Preußen gesetzt zu haben.“ Johann Friedrich Meuß dürfte ihm dabei den Steigbügel gehalten haben. Im dem Jahr 1939 erschien ein Buch von Fritz Linde mit dem Titel: „ Bismarck – Größe und Grenzen seines Reiches“ , in dem sogar die am 02.02.1849 in dem Bölckischen Wirtshaus gehaltene Wahlrede des Kandidaten abgedruckt ist. Darin heißt es: „ Sie würden vielleicht besser tun, wenn Sie einen aus Ihrer Mitte wählten, etwa einen von den Herrn Fabrikanten oder Kaufleuten, der Ihre Verhältnisse kennt und das Interesse seiner Vaterstadt besser vertreten würde, als ich es vermag. Wenn Sie einen solche finden, der zugleich unabhängig und unparteiisch genug ist, um die Sache des Landes über jedes Interesse zu stellen und dem seine Privatverhältnisse erlauben, ihm in diesem Augenblick seine ganze Tätigkeit zu widmen, dann trete ich zurück. Wenn Sie aber in der Kammer einen Vertreter wünschen, der fest entschlossen ist, die Sache des Vaterlandes zu seiner eignen zu machen, ihr mit redlichem Willen aus vollem Herzen und ganzen Kräften zu dienen, und dessen nächstes Streben darauf gerichtet sein wird, die alten Bande des Vertrauens zwischen Krone und dem Volke wieder fester zu knüpfen, damit Gesetz und Ordnung walte, damit der Wohlstand und das gemeinsame Interesse aller friedlichen Bürger gefördert werde; dann richten Sie Ihre Augen auf mich. Das sind meine Ansichten; wenn Sie dahin mit mir einverstanden sind, dann bitte ich um Ihre Stimme.“ Ob sich bei dieser Gelegenheit der von Kürenberg in seinem 1952 erschienen Buch über Johanna von Bismarck erwähne Vorgang abgespielt hat, bezweifelt Joachim Andreas Meuß (1901 -1985), Pfarrer in Rathenow, denn davon hat sich in der Meußschen Familientradition nichts erhalten. Danach hätte der Rittergutsbesitzer von Stechow seiner Frau berichtet, dass nach einer Wahlrede Bismarcks, als er vor dem Schützenhaus seinen Wagen besteigen wollte, ein Pflasterstein gegen ihn geworfen wurde, der ihn verletzte. Geistesgegenwärtig habe Bismarck den Stein zurückgeworfen, während Johanna neben ihm stand „ mit flammenden Augen einer Teutonin ( Deutschen) .“ Eine Narbe hätte ihn bis an sein Lebensende an diesen Vorfall erinnert

Nach der Wahl bemühte sich Bismarck mit einer geduldigen und klugen Politik um Ausgleich mit den Nachbarstaaten, um seinem Vaterland den Frieden zu erhalten. 1875 ernannte ihn die Stadt Rathenow zum Ehrenbürger. Zu Recht, dürfen wir urteilen, seine damalige Bündnispolitik hält auch heutigen Maßstäben stand.

Text des Ehrenbürgerbriefes:

Wir, der Magistrat und die Stadtverordentenversammlung

der Königlichen Kreisstadt Rathenow

beehren uns durch gegenwärtige Urkunde
Seine Durchlaucht den Fürsten
Otto Eduard Leopold von Bismarck
den Kanzler des Deutschen Reiches und Präsidenten
des Königlisch-Preußischen Staats Ministeriums,
den siegreichen Kämpfer für Preußens Ehre und Recht,
den großen Staatsmann, der seine Kaiserlichen Majestät Idee
des einigen Deutschlands
mit Weisheit, Geschick und Energie herrlich auszuführen verstand,
den treuesten Hüter der wahren geistigen Freiheit.
An dem heutigen hohen Festtage unserer Stadt,

an welchem vor zweihundert Jahren der große Kurfürst Friedrich
Wilhelm durch Einnahme derselben den Grundstein zu
Preußens Größe legte,
zum Ehrenbürger der Stadt Rathenow

zu ernennen, in welcher auch für
Ihn vor sieben und zwanzig Jahren
die Pfaorten zu seiner glorreichen Laufbahn und seiner
segensreichen Tätigkeit eröffnet wurden.
Möge der Allgütige in der Person unseres Durchlauchtigsten Ehrenbürgers Sr. Majestät, unserem Allerggnädigsten Kaiser, König und Herrn, den treuesten  bewährtesten Freund und Ratgeber, dem teuren Vaterlande die felsenfeste Stütze und den sicheren Hort,
den innig verehrten und geliebten Bürgerfreund,
noch lange in rüstige Kraft zu ferneren gesegeneten Schöpfungen erhalten.

urkundlich unter unserer beidseitigen Unterschrift
und anhängigen Insiegeln.
So geschen zu Rathenow, den 15. Juni 1875

 

Der Magistrat    Die Stadtverordeneten
Borchmann J.F.Meuß, Hobrecht

Hübner, Nose

Schröder, Grüneberg

Ernst, Richter

Voigt, Bartels

Nitsche, Berlin

Conrad, Matthes

Schultze, Appel

Müller, Erdmann

 

Bölcke, Kayser

 

Klewitz, Schmidt

 

Nathan, Wetzel

 

Haase, C. Bergmann

 

F. Klietzing, Kämpfe

 

Heller, Maeß

  Ludwig, Busch

           

   
 

Er sagte einmal: „Die Politik hat nicht zu rächen, was geschehen ist, sondern zu sorgen, dass es nicht wieder geschehe.“

Nach vielen Regierungsjahren bezog er im Sachsenwald bei Hamburg seinen Alterssitz. Da starb er 1898. Auch dort gibt es eine sehenswerte Gedenkstätte.

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Noch vor seinem 100. Geburtstag errichteten die Rathenower Bürger ihm zu Ehren einen  Bismarck – Turm. Er ist einer von 150 noch erhaltenen Türmen, die seinen Namen tragen.

 

Bismarck und Rathenow

 

© Copyright : Dr. Heinz-Walter Knackmuß

 

2. Biografisches

Otto von Bismarck wurde am 01.04.1815 auf dem elterlicern Gut Schönhausen in der Altmark geboren. Er entstammte einem alten Rittergeschlecht, das seinen Stammbaum urkundlich bis 1270 zurückführt und durch die Jahrhunderte seine Dienste der Landesregierung zur Verfügung stellt.