43-Landin-Die Landiner Bürgermeisterin Brigitte Nelde am 01.09.2020

43. Die Landiner Bürgermeisterin Brigitte Nelde

(*18.03.1936 – † 07.08.1994)

 

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Brigitte Nelde, geborene Müller, wurde am 18.03.1936 in Waldenburg in Schlesien geboren.

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Waldenburg in Niederschlesien (1936)

Ihr Vater war Bergmann und arbeitete im nahen Eulengebirge. Er starb im Zweiten Weltkrieg. Die Mutter floh 1945 mit drei Kindern in den Westen und kam nach Genthin.

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Brigitte Nelde als Schulkind

Brigitte Nelde wurde in Genthin eingeschult und besuchte später die Heimoberschule in Wendgräben, wo sie 1954 ihr Abitur ablegte. Die Schüler lebten im Schloss Wendgräben in einem Internat.

 

 

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11. Klasse vor dem Schloss Wendgräben

Brigitte Nelde (unterste Reihe 6. v. li.)

Nach dem Abitur begann sie in Thale eine Ausbildung zur Krankenschwester. 1956 schloss sie die Ausbildung erfolgreich ab und arbeitet danach im Paracelsus-Krankenhaus in Rathenow, weil ihre Mutter inzwischen nach Landin umgezogen war.  Brigitte Nelde nahm aber bald die Ausbildung zur Fürsorgerin auf und arbeitete später in der Geschwulstberatung in den Vereinigten Gesundheitseinrichtungen des Kreises Rathenow.
Am 30.01.1960 heiratete sie Rudolf Ernst Nelde, der zunächst bei der Feuerwehr und später bei der Polizei arbeitete. Die meiste Zeit hatte er den Chef der Polizei in Rathenow, Heinz Rehag, zu chauffieren. Rudolf Nelde war am 04.03.1930 in Bnin, Kreis Schrimm, in Schlesien geboren worden. Betty und Karl Ast aus Landin hatten Rudolf Nelde adoptiert, da sie keine eigenen Kinder hatten. Rudolf Nelde war der Neffe von Karl Ast. Die Schwester von Karl Ast, Anna Nelde, geborene Ast, lebte in Nauen in sehr ärmlichen Verhältnissen und so war die Familie froh, dass ihr Sohn nach Landin kam.

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Rudolf Nelde

Dem Ehepaar Nelde wurden vier Kinder geschenkt: Petra 26.07.1960, Lutz 23.09.1961, Heidemarie 02.06.1964 und Stefan 04.06.1971. Brigitte und Rudolf Nelde waren beide in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und so kandidierte Brigitte Nelde für das Bürgermeisteramt in Landin.

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Bürgermeisterin Brigitte Nelde

Nach der Kommunalwahl 1963 arbeitete sie als Bürgermeisterin in Landin in der Steinstraße 11.  Gerda Hildebrandt, ihre Cousine, war die Sekretärin und so versuchten beide alle Aufgaben der Dorfverwaltung zu bewältigen. Die Bürgermeisterin war auch die Verwalterin aller staatlichen Häuser in Landin. Sie war verantwortlich für Viehzählungen, Hausbücher, den Brandschutz, den Konsum, die Jugendarbeit und hatte Wahlen vorzubereiten und durchzuführen. Daneben hatte sie sich um die Alten und die Feuerwehr sowie die LPG zu kümmern. Als Bürgermeisterin war sie „Mädchen für Alles.“ Das Büro der Bürgermeisterin war ein Treffpunkt für die Menschen im Dorf. Ihre Kinder nahm Brigitte immer mit in das Gemeindebüro und ließ sie im Archiv spielen.

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Die Tochter bekam Zöpfe

Einmal als ein hektischer Tag zu Ende ging, schloss die Bürgermeisterin das Büro zu und bemerkte erst zu Haus, dass sie ihre Tochter Heidemarie vergessen hatte. Also kehrte sie wieder um und holte ihre Tochter nach Haus, die aber emsig weitergespielt hatte und nichts vom Arbeitsschluss der Mutter bemerkt hatte. Das Ehepaar Nelde wohnte zunächst in einer sehr kleinen Wohnung in Rathenow. Wegen der engen Wohnverhältnisse kauften die Eltern Betty und Karl Ast ihrem Sohn das Herrenkindsche Haus in Landin. Brigitte und Rudolf Nelde verlebten seit 1961 mit ihren Kindern in der Steinstr. 6 sehr schöne Jahre.

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Das Haus der Familie Nelde

Die Büroräume des Bürgermeisters von Landin wurden vom Eckhaus gegenüber dem Friedhof, Steinstraße 11, in die Steinstraße 12 verlegt.

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Bürgermeisteramt Landin

Einmal, als die Tochter Heidemarie wieder im Büro des Bürgermeisteramtes spielen durfte, bekam sie mit, dass die Gemeindeschwester Martha Fellert zu ihr kommen sollte, um sie zu impfen. Die Gemeindeschwestern hatten die Aufgabe, auch die Kinder vor allen Dingen gegen Kinderlähmung zu impfen, die als Schluckimpfung auf einem Stück Zucker gereicht wurde. Heidemarie hatte solche Panik, dass sie die Bürotür von innen verriegelte und die Gemeindeschwester, die immer mit einem Trabant aus Kriele kam, unverrichteter Dinge wieder abfahren musste. Der Bürgermeisterin war das sehr unangenehm.
 

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Heidemarie und Lutz Nelde im Winter auf der Dorfstraße

Brigitte Nelde war eine kontaktfreudige, fröhliche Frau, die belesen war und immer versuchte, gerecht zu sein. Viele Menschen kamen auch zu ihr, wenn es Streitereien gab. Sie hatte als Sozialarbeiterin (Fürsorgerin) gelernt, wie man mit den Sorgen der Menschen umgehen konnte. Dazu hatte sie durch vier Kinder genug Erfahrungen mit den Nöten von Familien.
Lutz war mit dem Schlitten in Kriele gegen einen Baum gefahren und hatte sich das linke Bein gebrochen. Ein paar Jahre später fuhr er heimlich mit einem Moped im Wald umher, stürzte und brach sich noch einmal das gleiche Bein. Sie reiste auch gern in den Harz oder an die Ostsee und bestrickte die ganze Familie. Ihre Familie liebte sie sehr, die Ehe mit Rudolf Nelde war glücklich. Als ihr Mann Rudolf am 26.11.1977 in Landin plötzlich starb, nahm sie 1981 das Angebot an, in Ferchesar Bürgermeisterin zu werden, zog nach Ferchesar um  und arbeitete bis 1986 dort.

 

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Bürgermeisterin von Ferchesar Brigitte Nelde (2.v. links)
bei einer Feier zum Frauentag

 

Nach 1986 arbeitete sie wieder als Krankenschwester in der Augenklinik in Rathenow. 1992 bot sich ihr die Chance, in den Vorruhestand zu gehen und sie war glücklich, dass der Arbeitsdruck aufhörte. Sie hatte inzwischen eine Herzkrankheit bekommen, die es ihr schwer machte, voll leistungsfähig zu sein. Sie saß gern im Sommer vor ihrem Haus und sprach mit den Menschen. Am 07.08.1994 starb sie an einer Lungenembolie.

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.09.2020