42-Landin-Die Badestelle der Landiner-01.08.2020

42. Die Badestelle der Landiner

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 Großer Havelländische Hauptkanal bei Landin mit der alten Eiche

Wer ein Fahrrad hatte, fuhr im Sommer an den Ferchesarer See zum Baden, wenn es die Eltern erlaubten. In der Dranseschlucht in Ferchesar führte ein Steilufer zum See zu einer vielbesuchten Badestelle. Alle Fremden fanden die Dranseschlucht sehr romantisch. Die Einheimischen nahmen die Schönheit ihrer Heimat gar nicht mehr wahr. Wer in Landin arm war, konnte nur den Großen Havelländischen Hauptkanal nutzen. Vor der Brücke stand am rechten Ufer eine alte Eiche, die auch an heißen Sommertagen Schatten gab. Aber es war nicht ganz ungefährlich für Kinder, die noch nicht schwimmen konnten, dort ohne Aufsicht zu baden. An heißen Sommertagen kamen aber doch Kinder zur Eiche und versuchten im Wasser zu planschen. Am 02.07.1967 waren drei Kinder an der Badestelle. Die drei hatten ein Fahrrad, durften aber nicht nach Ferchesar fahren. So spielten sie an der alten Eiche. Es waren Werner Gretzinger, Gudrun Bork und Joachim Hildebrandt. Der Große Havelländische Hauptkanal war alt und manchmal ungepflegt und etwas verkrautet. Joachim Hildebrandt konnte schon schwimmen, aber die neunjährige Gudrun Bork und Werner Gretzinger waren noch Nichtschwimmer. So vergnügten sich die drei mit einem Schwimmreifen. Joachim schob den Reifen abwechselnd mal mit Gudrun und mal mit Werner über den Kanal. Das machte Spaß und sie konnte gar nicht genug davon bekommen. Sie juchzten vor Freude und es war ein großer Streit, wer im Schwimmreifen mitfahren durfte, aber Joachim Hildebrandt war für Gerechtigkeit und so ging es abwechselnd hin und her. Dazwischen wurde ein Sonnenbad eingelegt und die Kinder tranken mitgebrachten Saft. Es war herrlich. Als er gerade mit Gudrun Bork unterwegs war, verfingen sich seine Füße in dem Morast und er ließ vor Schreck den Schwimmring los. Der trieb sofort mit der Strömung auf die Mitte des Havelländischen Hauptkanals und Gudrun Bork bekam so große Angst, dass sie aus dem Schwimmring rutschte und im Kanal ertrank. Joachim konnte sich nicht mit eigener Kraft aus dem Morast helfen und ertrank auch. Ehe Werner Gretzinger jemand zu Hilfe holen konnte, war alles schon zu spät. Die beiden Kinder konnten nur noch tot geborgen werden. Seitdem meiden die Landiner diese wilde Badestelle an der Eiche, nur die Angler stehen nach wie vor neben der Eiche und an der Brücke und versuchen ihr Anglerglück.

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Grabstein für Gudrun Bork auf dem Landiner Friedhof

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.08.2020