Andacht 75 Jahre Kriegsende am 08.05.2020

Andacht

zum Gedenken

"75 Jahre Kriegsende"

am 08.05.2020

in der

Sankt-Marien-Andreas-Kirche

in Rathenow

                                                                       

                                                                                 

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Pfarrer Jens Greulich

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Am Freitag, den 08.05.2020, läuteten um 12:00 Uhr die Glocken der Sankt-Marien-Andreas-Kirche zehn Minuten lang aus Dank, dass nach dem verbrecherischen Nazikrieg von 1939 – 1945 am 8.Mai 1945 wieder Frieden in Deutschland und Europa herrschte. 75 Jahre Frieden und Deutschland als gleichberechtigtes Mitglied in der Europäischen Union. Davon wagte 1945 niemand in Deutschland zu träumen. Die Europäische Union mit ihrer kulturellen Vielfalt mit den vielen Sprachen und Dialekten ist ein Glücksfall für die Menschen dieses Kontinents. Die Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde in Rathenow hatte zum Gedenken eingeladen und mit Mundtüchern waren auch der Bürgermeister der Stadt Rathenow Ronald Seeger und der Pfarrvikar Markus Hartung von der Katholischen Gemeinde St. Georg mit einigen Rathenowern der Einladung gefolgt. Pfarrer Jens Greulich, mit vorbildlichem Mund-Nasen-Schutzschirm ausgerüstet, erinnerte die menschenverachtenden Befehle der Naziführung, auf die Durchhalteparolen, obwohl die Rote Armee schon Berlin eingenommen hatte. Rathenow wurde noch in den letzten Kriegstagen völlig zerstört. Und die Sankt-Marien-Andreas-Kirche, das Wahrzeichen der Stadt, steht als Sinnbild für Zerstörung und Wiederaufbau von Rathenow. Die Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde sieht sich in der Pflicht eine Kultur der Erinnerung und des Gedenkens zu pflegen. Vor 75 Jahren lag Rathenow wie ganz Europa in Schutt und Asche. Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung. Befreiung Europas von einem menschenverachtenden System der Nazi-Gewaltherrschaft. Nach 1945 begann der Wiederaufbau mit Steinen, aber auch ein Wiederaufbau in den Köpfen und Herzen der Menschen. Es war eine teuer erkaufte Erkenntnis. 65 Millionen Menschen getötet, davon 6,2 Millionen Deutsche, 27 Millionen Menschen aus der Sowjetunion tot, 6 Millionen Polen (3 Millionen Juden) ermordet, 407000 US-Soldaten, 560000 Franzosen. 356000 Briten, 413000 Griechen, 220000 Niederländer, 220000 Sinti und Roma, Tausende Homosexuelle,

Sozialdemokraten und Kommunisten. 6 Millionen Juden und 200.000  kranke und behinderte Menschen wurden fabrikmäßig umgebracht. Wir Deutschen können da nur zu Gott beten um Vergebung unserer Schuld und wir danken Gott, dass er uns 75 Jahre Frieden geschenkt hat.

Wir in Rathenow können der Roten Armee dankbar sein, dass sie uns von diesem Alptraum des faschistischen Regimes befreiten. Wieviel Leid haben die Nazis in alle Familien gebracht und die Spuren der Kriegszerstörung sind heute noch überall im Stadtbild zu erkennen. Wo sollte es einen besseren Ort der Erinnerung an diese Schreckensherrschaft geben als in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche, wo noch immer die Kreuzgewölbe im Chorraum fehlen, eine Heizung, eine Orgel und die Barocke Kanzel? Aber man kann auch den Willen der Stadt zum Wiederaufbau erkennen, denn das Schiff wurde 1959 wieder provisorisch aufgebaut, der Turm wurde 2002 wiedererrichtet, die Kreuzgewölbe im Mittelschiff 2010 und die Kreuzgewölbe in der Marienkapelle 2011. Alles dies ist an einem Haus in Rathenow abzulesen und es tut gut, dass jedes Jahr einmal daran erinnert wird, denn wir wollen unser demokratisches System erhalten und nicht noch einmal durch Verführung von Demagogen, die alles versprechen, aber in Wirklichkeit wieder eine Nazidiktatur errichten wollen, verlieren.

 

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 08.05.2020