39-Der Kurfürstliche Eisenhammer

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Eisenhammer in Rathenow

Bei der Eroberung von Rathenow durch den Großen Kurfürsten am 15. Juni 1675 spielte auch der Kurfürstliche Eisenhammer eine wichtige Rolle. Über ihn schritten die brandenburgischen Truppen zum Sturm auf die Wasserpforte , wobei 100 Schweden niedergemacht wurden. Von hier aus bezwangen die Brandenburger von innen das Steintor und öffneten es ihren vor dem Tor harrenden Kameraden. Dieser Eisenhammer war etwa 10 Jahre vorher vom Großen Kurfürsten erbaut worden und zwar auf der nördlichen der beiden Inseln, die vor der Wasserpforte bis zu der Stelle sich erstreckten, an der sich jetzt das Oberhaupt der Schleuse neben dem Paradeplatz befindet. Bis zu dieser Zeit hatte dort die Schönfärberei des Tuchmachergewerkes und der Gewandschneidergilde gestanden, die infolgedessen an anderer Stelle aufgebaut werden musste. Die Anlage des Eisenhammers erfolgte in der „Zuversicht, es würden Unsere getreue Untertanen kraft Unsers allbereit am 29. Majii Anno 1666 desfalls publizierten und am 10. August Anno 1674 und am 7. Januarii Anno 1676 wiederholten Edikts zu ihren Notwendigkeiten sich dessen Eisens der Gebühr erholet…..haben.“ Es ist aber offensichtlich, dass nicht nur die „Notwendigkeiten“ seiner Untertanen, sondern auch militärische Erwägungen den Kurfürsten zur Anlage des Eisenhammers bewogen, da seine vielen Kriegszüge eine starken Verschleiß an Eisen mit sich brachten. So können wir in dem Rathenower Eisenhammer, wie in den gleichen Anlagen zu Peitz, Krossen, Hegermühle, Zehdenick und anderen, vor allem Rüstungsbetriebe erblicken, die selbstverständlich auch den wirtschaftlichen Zwecken der Bevölkerung dienten. Das hier verhüttete Erz war der Raseneisenstein , eine schwarze, an der Luft rötlich werdende, schwere, im Anbruch glänzende und tropfenartig zusammengeschlossene Masse, die sich bei Rathenow am Haveldamm und auf Grünauer Gebiet, bei Neustadt a.D., zwischen Havelberg und Wilsnack, sowie in der Neumark am Finow, in der Zauche in den Wiesen fand und schon seit Jahrhunderten in der Mark verarbeitet worden war. Mit der Bereitung der für die Verhüttung erforderlichen Holzkohlen waren besondere Kohlenbrenner in der Königsheide beschäftigt. Die Hämmer des Werkes wurden durch die Wasserkraft des Stadtgrabens, des heutigen Schleusenkanals, in drei Gerinnen getrieben. Der Erfolg des Unternehmens war mäßig. Der Pächter Georg Gabriel Wichmans hausen schreibt 1689: „ Weil dieser Hammer dieses Jahr renoviert und auf andere Art eingerichtet, so ist davon kein Überschuss erfolget.“ 1691 wurde Etienne de Cordier Inspektor der Hammer- und Hüttenwerke, der sich sehr um den rathenowschen Hammer bemühte. Er ließ, da die Wohnungen der Handwerker gänzlich ruiniert waren, für mehr als 400 Reichstaler (600,00 €) ein Haus bauen, um den Faktor und eine Teil der Handwerker unterzubringen, ferner auf ein anderes einen Stock aufsetzen und eine Anzahl weiterer Ausbesserungen vornehmen. „Ich habe mich,“ schrieb er 1702 an den König, „alles dessen befleißigt, was der Wiederherstellung der Hammerwerke dient und ihre Einkünfte vermehrt, und meine Sorgen sind nicht nutzlos gewesen, weil ich den Werken von Peitz 2600 Reichstaler (3900,00 €) jährlich anstelle von 2000 (3000,00 €), denjenigen von Crossen 1000 Reichstaler (1500,00 €) jährlich statt 750 (1125,00 €), denjenigen von Rathenow 350 (525,00 €) statt 140 Reichstaler (210,00 €) habe übergeben lassen.“ Cordier scheint viel Verdruss gehabt zu haben. 1695 überredete man zum Wiederaufbau der Stadt Sandau den König, den ganzen Wald, aus dem man die Kohlen nahm, herzugeben, so dass nichts für Kohlebereitung übrigblieb. Das Holz aber diente nur zum Teil dazu, Sandau aufzubauen, vielmehr wurden die schönsten Stämme diese Waldes von einem gewissen Individuum nach Hamburg verkauft und daraus viel Geld gemacht, woraus dieser Gewinn zog. Um nun diesen Hammer mit Unglück und Verderben zu überhäufen, erhielt der Faktor dauernd Befehle, die Schützen des Hammers zu heben, damit die Wiesen der Einwohner keinen Schaden litten. Dadurch schlug der Hammer so langsam, dass der größte Teil des Eisens ausgebrannt wurde. Schließlich musste Cordier gegen allerlei üble Nachrede 1702 die Gnade des Königs anrufen. Nach ihm stand der Eisenhammer unter der Leitung des Geheimen Kammerrates Christian Friedrich Lüben , des Hofrates und ersten Leibmedikus Dr. Krug und des Rates, auch Archivarius Dr. Chuno, „welche aber, weil das Werk sehr zurückgekommen war, damit nicht zurechte kommen können.“ Viel Schuld an der Unrentabilität des Hammers trug die Einfuhr fremden Eisens, das häufig gegen Tuch und andere Waren umgetauscht wurde. Der Große Kurfürst wandte sich energisch dagegen, und sein Nachfolger verbot auch die Ausfuhr alten Kupfers, Messings, Glocken- und Grapengutes (eiserne Töpfe), Bruch- und alten Eisens. Die Schmiede mussten sich eidlich verpflichten, nur mit dem Kurzepter oder Adler gestempelte Eisen zu verarbeiten, und den Kauf- und Handelsleuten war verboten, bei Verlust der Ware, Pferde, Wagen oder Schiffe fremdes Eisen einzuführen. Aber ein großer Erfolg blieb aus. So schlug denn 1720 dem Kurfürstlichen Eisenhammer seine Stunde. Er ging ein und die Arbeiter und Kohlenbrenner wandten sich nach Hohenofen. Als 1769 die Wiederherstellung des Hüttenwerkes angeregt wurde, lehnte Friedrich der Große sie ab, da „dieser holzfressende Hammer mit der Zeit den gänzlichen Ruin Grünauischen Forst nach sich ziehen würde.“ So bleibt der Kurfürstliche Eisenhammer für uns nur eine Erinnerung an den Versuch des Großen Kurfürsten, seinem Volke und dem Staate wirtschaftlich und militärisch zu helfen, den aber sein Enkel Friedrich Wilhelm I. als zu kostspielig aufgab, da die Verwüstung der Königsheide für ihn in keinem Verhältnis zu den geringen Einnahmen des Eisenhammers stand.

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 13.07.2019, nach Walther Specht