22-Jüdischer Friedhof in Neufriedrichsdorf

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Jüdischer Friedhof Neufriedrichsdorf

 

Erst 1785 war das Dorf zum ersten Male ganz bewohnt von 21 Weber und 61 Spinnerfamilien mit zusammen 354 Köpfen, unter denen sich aber noch 80 erwachsene und 34 jugendliche Bettler befanden. Zur weiteren „Abhelfung der Nahrungslosigkeit“ ließ dann die Regierung 1799 noch eine Industrieschule errichten, in der die Kinder mit Stricken, Flicken, Nähen und auf andere schickliche Weise beschäftigt werden sollten. Doch blieb das Wollespinnen, das ohnehin schon die Kinder beschäftigen musste, ausgenommen. In dieser Schule, die später durch den obligatorischen Handarbeitsunterricht in den Volksschulen abgelöst wurde, entwickelte sich in einzelnen Jahren ein sehr großer Fleiß. So konnten beispielsweise im Jahre1829 von 48 Kindern 409 genähte und 395 Paar gestrickte Sachen und im Jahre 1862 von 38 Kindern 248 genähte und 569 Paar gestrickte Sachen verkauft werden. Im Jahre 1777 erhielt Neufriedrichsdorf auch einen eigenen Friedhof, während bis dahin die Toten auf dem Rathenower Friedhof beerdigt wurden, wohin man sie auf Fuhrwerk allerlei Art, sogar auf der Karre, transportierte. Später wurde auch ein kleiner jüdischer Friedhof neben dem anderen Friedhof angelegt. Selten hat ein Vater so wenig Freude an seinen Kindern erlebt, wie der Alte Fritz an diesem Dorfe. Zwanzig Jahre mussten erst vergehen, ehe der König auch nur einigermaßen den mit der Gründung beabsichtigten Zweck erreichen konnte: einen Stamm von Industriearbeitern sesshaft zu machen. Als das aber geschehen war, da ging nach wenigen Jahrzehnten durch die französische und englische Konkurrenz die Fabrik zu Grunde, und die Arbeiter mussten sich anderen Berufen, wie der Optik, der Schifffahrt, der Waldarbeit oder dem Baugewerbe zuwenden. So ist Neufriedrichsdorf bis heute ein reines Arbeiterdorf geblieben. Wie aber seine Häuser nach 246 Jahren noch fest stehen, so bewährte sich auch die kluge, weitschauende Sozialpolitik des königlichen Gründers, Arbeiter durch Gewährung eines eigenen Hauses mit Garten an die Scholle zu binden und auf diese Weise den Betrieben eine trefflichen Stamm von Arbeitskräften zu schaffen. „Durch dieses Arrangement werden diese Leute in den Stand gesetzt werden, sich beßer als bishero geschehen können, zu ernähren.“ Und das ist schließlich aller Weisheit Kern und die Grundlage einer glücklichen Bevölkerung. So kann Neufriedrichsdorf noch heute als Musterbeispiel einer verständigen Siedlungspolitik gelten. Neufriedrichsdorf galt damit als Vorbild einer Arbeiterkolonie. Am 1. März 1948 kam Neu Friedrichsdorf durch Eingemeindung zur Stadt Rathenow und verlor seine Selbstständigkeit als Ort. Die Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow, Erika Guthjahr, wohnte bis zu ihrem Tode am 23. Februar 2005 in einem kleinen Haus in Neu Friedrichsdorf. In der Stadt Rathenow befand sich gleich  hinter der Stadtmauer der Jüdische Friedhof, denn nach den diskriminierenden Vorschriften des Mittelalters durften Juden ihre Toten nur außerhalb der Städte beisetzten. Die jüdischen Gräber sind unrein und dürfen nach jüdischem Glauben nie wieder belegt werden. Sie haben einen Grabstein, wo der Name des Toten aufgeschrieben steht, denn nach jüdischem Glauben, dürfen nur Menschen auferstehen, deren Namen aufgeschrieben sind. Während der Naziherrschaft wurde der jüdische Friedhof zerstört und überbaut. In Rathenow-Neufriedrichsdorf wurde ein neuer jüdischer Friedhof angelegt, der unzerstört geblieben ist. Es wäre schön, wenn sich eine jüdische Gemeinde in Rathenow wieder ansiedeln könnte.

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 10.07.2019, nach Walther Specht