Vortrag von apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba Epitaph Nesen 27.07.2019

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Ein Stadtschreiber war schone eine wichtige Amtsperson im Mittelalter. Ähnlich wie ein Notar heute musste man mit offiziellen Dingen immer zu ihm und er war nicht unvermögend.

Für Rathenow ist das Epitaph (Totengendenktafel) besonders wichtig, weil auf ihr die älteste Stadtansicht von Rathenow (1571) zu sehen ist. Was ein Bild über einen Menschen und seine Sicht auf die Welt erzählen kann. Er wollte nicht einfach vergessen werden – und gleichzeitig war ihm daran gelegen, seinen Zeitgenossen ein Vorbild und eine Mahnung mit auf den Weg zu geben. Am Ende des 16. Jahrhunderts ließ der Rathenower Stadtschreiber Andreas Nesen  

bei einem heute unbekannten Maler ein Bild anfertigen, das auch nach seinem Tod an ihn und seine Familie erinnern sollte. Was ihm wichtig war, ließ er in das Hauptmotiv des Bildes – die Geschichte vom helfenden Samariter -  ebenso einarbeiten wie in den gemalten Rahmen, den Hintergrund mit der berühmten ältesten Stadtansicht von Rathenow und die Darstellung seiner engeren männlichen und weiblichen Familienmitglieder. Die vielen kleinen Details des Bildes aber erzählen auch von der Lebens- und Vorstellungswelt des 16. Jahrhunderts – von der fest ummauerten Stadt in kultureller Blüte, dem einfachen Land und dem gefährlichen Wald, von der neuen Beziehung zum Göttlichen nach der Reformation, vom Aufstreben eines gebildeten Stadtbürgertums, von dem Unbill, das jedem im Laufe seines Lebens treffen konnte, aber auch von kleinen Freuden, die einem Menschen zuteilwurden. Am Samstag, 27.07.2019, um 16:00 Uhr, wird die apl. Professorin Dr. Gudrun Gleba in ihrem zweiten Vortrag der Reihe „Kunst und Kultur in der Kirche“, ihre Zuhörer erneut mitnehmen in das Denken fast vergessener Zeiten, wie es sich jedoch in den Werken der Sankt-Maria-Andreas-Kirche aufspüren lässt. Der Förderkreis heißt alle, die lang Bekanntes etwas anders sehen möchten und neue Anregungen dazu hören wollen, herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei, eine Spende erfreut.

 

 

Apl.Prof. Dr. Gudrun Gleba, Rathenow, 20.07.2019