Reisebericht Südkorea 09.06.2019-14.06.2019

Persönliche Eindrücke von einer Reise nach Südkorea
09.06.-14.06.2019

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Konferenzhotel in Pyeongchang

Viola und ich flogen am Pfingstsonntag (09.06.2019) von Frankfurt am Main nach Seoul-Incheon. Die Flugroute geht in Richtung Ostsee bis fast nach Helsinki und dann über Sibirien, die Mongolei und China nach Seoul. Flugdauer 10 -11 Stunden. Am 14.06.2019 ging es die gleiche Strecke zurück. Die organisatorischen Vorbereitungen lagen beim Referenten im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Prof. Dr. Gottfried Konzendorf, der sehr umsichtig und fürsorglich alles bewerkstelligte.

Auf Wunsch der Regierung von Südkorea finden seit 2010 jährlich wechselnd mal in Deutschland und mal in Südkorea Beratungen zu Fragen der Vereinigung statt.

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Logo der Sitzung 2019

 

 

Die Regierung in Südkorea hat ein extra Ministerium für Vereinigung und der Vizeminister Suh Ho eröffnete am 12.06.2019 die Sitzung. Auf der deutschen Seite war der Parlamentarische Staatssekretär Christian Hirte der Ansprechpartner aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Südkorea sieht in Deutschland ein Land, was 1990 erfolgreich die Wiedervereinigung praktiziert hat, und versucht, aus den Erfahrungen in Deutschland Strategien für die angestrebte Wiedervereinigung ihres eigenen Landes abzuleiten. Vom 12.06.-13.06.2019 fand die 9. Sitzung des Deutsch-Koreanischen Konsultationsgremiums zu Vereinigungsfragen erstmals außerhalb von Seoul in dem Olympiaort Pyeongchang statt.

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Skisprungschanze in Pyeongchang

Mich hatte man eingeladen, weil die Südkoreaner sich einen Vortrag über den Aufbau der Gesundheitsämter in den neuen Bundesländern gewünscht hatten. Von südkoreanischer Seite nahmen viele Universitätsprofessoren und Mitglieder des Wiedervereinigungsministeriums an der Beratung teil. Das Vorbild der deutschen Einheit ist auch Gegenstand der Forschungen an den Universitäten des Landes. Interessanterweise gibt es dabei auch aus dem fernen Asien Einblicke für Europa.

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Konferenzraum in Pyeongchang

Ein südkoreanischer Professor sah nach dem Zweiten Weltkrieg drei Phasen in Europa.
1. Phase: Kalter Krieg
2. Phase: Erschaffung der Europäischen Gemeinschaft
3. Phase: Zerfall der Europäischen Gemeinschaft

Eine wesentliche Frage der Südkoreaner war dabei.  Soll man das Regime in Nordkorea unterstützen mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern, wenn der Diktator diese Lieferungen dazu benutzt, um sein System zu stabilisieren und in den aufgeblähten Rüstungshaushalt noch mehr Geld zu stecken? Der Rüstungsetat von Nordkorea ist atemberaubend, während die Menschen hungern und an Tuberkulose sterben. Die deutschen Gäste plädierte dafür, doch immer das Wohl der Menschen in Nordkorea im Auge zu haben und verwies auf die Milliardenkredite, die die Bundesrepublik Deutschland  der DDR und der Sowjetunion einräumte und sprach auch  von der Politik des Wandels durch Annäherung vom SPD-Bundeskanzler Willy Brandt.

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Blick nach Nordkorea

 

Hier stieß man aber bei den Südkoreanern auf wenig Verständnis, denn Nordkorea hatte den Süden 1950 - 1953 überfallen und die kriegerischen Narben sind noch immer vorhanden. Es gibt auch nicht die intensiven Beziehungen, wie zwischen den Menschen der DDR und der BRD, wo jedes Jahr Millionen von Rentner in den Westen reisten. Nordkorea zählt ja zurzeit zu den schrecklichsten Herrschersystemen, die es auf der Erde gibt. Außerdem hätten die Südkoreaner schon so viel für den Norden gespendet, dass Ermüdungserscheinungen bei den Menschen zu sehen sind und als Dank dafür wird man dann noch mit Raketen beschossen. Es wurde auch eine Art KSZE-Konferenz für Südostasien angeregt, wo Nord- und Südkorea, China, Japan und Russland teilnehmen sollten, um vertrauensbildende Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens zu beschließen. Das wäre eine Spielart des Wandels durch Annäherung. Bei der 9. Sitzung des Deutsch-Koreanischen Konsultationsgremiums zu Vereinigungsfragen stand das Zusammenführen der Gesundheitssystem auf der Tagesordnung und deshalb hatte man mich dazu gebeten, um über den Aufbau der Gesundheitsämter in den neuen Bundesländern zu berichten. Ich war von 1990 -2006 Amtsarzt in Rathenow und Vorsitzender des Verbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Brandenburg und stellvertretender Bundesvorsitzender der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Erstaunt war man auch, dass die Approbationen der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker aus der DDR in der Bundesrepublik Deutschland und bei der Wiedervereinigung ohne weitere Prüfungen anerkannt wurden. In Südkorea müssen alle aus dem Norden geflohenen Ärzte erneut eine universitäre Prüfung ablegen, ehe sie die Arbeitserlaubnis erhalten. Ich erläuterte, wie die letzte DDR-Regierung unter Lothar de Maizière erkannte, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nicht kompatibel waren und deshalb hatte man noch vor der Einheit Deutschlands eine Verordnung erlassen, wonach alle Landkreise und kreisfreien Städte Gesundheitsämter aufbauen mussten, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. 

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Konferenzsaal

Die Gesundheitsämter sollten von einem Amtsarzt geleitet werden und nahmen alle Aufgaben nach bundesdeutschem Recht wahr, die zum Öffentlichen Gesundheitsdienst gehörten. Dazu hatte die De Mazière-Regierung die Strukturen des Amtes und deren Aufgaben festgeschrieben. Diese Verordnung galt dann als Landesrecht in allen fünf neuen Bundesländern nach der Einheit Deutschlands. Was für die Südkoreaner  sehr interessant war, die Personalstruktur in den Gesundheitsämtern, wurde in der Verordnung leider nicht festgeschrieben bis auf die Leitung durch einen Amtsarzt und so besteht bis heute ein sehr unterschiedliches Personaltableau in allen Kreisen und Städten der Bundesrepublik in diesem Bereich. 
Nach der Anreise in Seoul gab es am 11.06.2019 eine Fahrt zur Grenze am 38. Breitengrad.

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Grenze am 38. Breitengrad

 

 

Für die deutsche Teilnehmer kamen dabei bedrückende Erinnerungen an die Mauer in Berlin oder an die Grenzanlagen zur Bundesrepublik hoch.

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Teilnehmer mit dem Logo an der Grenze

Was bei der Fahrt auffiel, ist das sehr gut ausgebaute Autobahnnetz mit unvorstellbar vielen Tunneln und Brücken. Die Autobahnen sind mit bunten Leuchthinweisen versehen, die wir in Deutschland nicht kennen. In den Tunneln hört man Ansagen, Trillerpfeifen oder Polizeisirenen, die aber nur dazu dienen, dass die Autofahrer am Einschlafen gehindert werden. Es besteht ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit, sodass man keine Kippen findet. Wer in der Öffentlichkeit raucht, muss fast 100,00 € Strafe zahlen. Graffitis sind unbekannt. Die Felder sind wie mit dem Lineal abgesteckt und genauso sauber wie die Städte. Jedes kleinste Fleckchen der roten fruchtbaren Erde wird bestellt und gepflegt. Die Kartoffelfelder mit schwarzer Folie abgedeckt und ein Loch oben drin, wo die Kartoffelpflanzen rauswachsen. Kein Unkraut. Was uns auffiel, wir sahen kaum Insekten. Bis auf den Kuckuck, den wir gehört haben, und weiße Reiher in den Reisfeldern, haben wir keine Vögel gesehen.

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Reisfelder

Ob die Südkoreaner wie die Chinesen durch Insektizide ihre Bienen ausgerottet haben und nun selbst ihre Apfelbäume bestäuben müssen, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Überall Reisfelder. Dazu bedarf es eine hohe Kunst der Bewässerung. Jedes kleine Flüsschen wird für die Bewässerung der Reisfelder in einem kunstvollen System von Abläufen umgeleitet. Es gibt Reispflanzmaschinen, die von Menschen über die Felder gezogen werden und die Stecklinge schräg in den Boden einsetzen. In den Tälern wächst der Reis in einem subtropischen Klima, während im Winter aus Sibirien ein kalter Wind – 20 ° C bringt. Südkorea ist ein grünes Land. Die Berge sind bis zur Spitze mit Laub- und Nadelhölzern bewachsen.

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Bewaldete Hügel in Korea

Und wenn Holz geschlagen wird, erfolgt sofort eine Wiederaufforstung. Der Autoverkehr ist immens und natürlich gibt es in den Millionenmetropolen Seoul und um den Flughafen Incheon trotz der vielen Autobahnen Staus. Südkorea ist ein High-Tek-Land mit hohen Standards und großen Anforderungen an die Menschen.

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Werbung an der Autobahn

50 % sind Christen und 50 % Buddhisten, aber die Leistungsansprüche an die Menschen, die sie sich selbst auferlegen, sind für europäische Verhältnisse unvorstellbar. Die Kinder besuchen meist Ganztagsschulen und danach erhalten sie von den Eltern bezahlten Nachhilfeunterricht, damit sie gute Noten bekommen, um zum Studium zugelassen werden. Die Selbstmordrate bei Kindern ist hoch. Sie haben kaum noch Zeit zum Spielen. Alle haben ein Handy. Wen wundert das, wenn Samsung der größte Betrieb im Land ist und keine Funklöcher. Natürlich leidet man in dem kleinen Südkorea unter den Wirtschaftsgiganten China, Japan und in Zukunft vielleicht Indien. Es ist schwer für die Südkoreaner, sich in dieser Nische zu behaupten. Aber die Autofirmen KIA und Hyundai sowie Samsung habe gezeigt, dass diese fleißigen Menschen ihre Chance nutzen und dabei sehr erfolgreich sind. Ich habe noch nie so aufgeräumte ordentliche Betriebe gesehen, wie in Korea, was man so von drei Tagen sagen kann. Die Sitzungsteilnehmer wurden jeden Abend zum Essen in ein koreanisches Restaurant eingeladen. Die koreanische Küche ist anders als wir das Essen in Deutschland gewohnt sind, aber sehr gut.

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Jedenfalls hatten meine Frau und ich durch diese Reise Einblicke in eine andere Welt und eine andere Gesellschaft, die auch für uns Erfahrungen für den Alltag mit sich brachte. Die Südkoreaner putzen bei jeder passenden und unpassender Gelegenheit ihre Zähne. Nach dem Mittagessen waren alle öffentlichen Toiletten voller Zähneputzer. Die Erklärung ist recht simpel, Zahnärztliche Behandlungen sind sehr teuer.

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Kutsche vor dem Hotel in Pyeongchang

 

Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 13.06.2019 Pyeongchang (Korea)