Vortrag von apl. Prof. Dr. Gudrun GLeba zum Marianaltar-25.05.2019

                                                                            

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Dreiklang

Kunst und Kultur in der Kirche

Eine sommerliche Vortragsreihe zu besonderen Schätzen
von Sankt-Marien-Andreas in Rathenow

mit apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba
25.05.2019

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Eine Kirche, die sich den Bedingungen ihrer Zeit nicht anpasst, bleibt leer. Eine Kirche, die ihre Geschichte vergisst, wird zur Ruine. Eine Kirche, die sich der Gegenwart stellt und die Vergangenheit als Teil dieser Gegenwart einbezieht, hat die Chance, die Landmarke einer Region zu werden. Die Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow hat dafür das Potential. Der Förderkreis zum Wiederaufbau der St. Marien-Andreas-Kirche lädt im Sommer 2019 zu  drei Begegnungen mit den Kunstwerken direkt vor Ort und einer anschließenden Gesprächsrunde ein. Das erste Kunstwerk, der Marienaltar, wurde von apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba am Samstag, den 25.05.2019 um 16:00 Uhr im Chorraum vorgestellt. „Helferinnen in der Not“ hat Gudrun Gleba ihren Vortrag genannt. Als Historikerin hat sie natürlich einen anderen Zugang als z.B. ein Theologe zu diesem mittelalterlichen Altar in Rathenow aus dem 14. Jahrhundert und hat ihren Vortrag mit dem Untertitel „Kunst(hand)werk und Glaubenshilfe“ versehen. Apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba ist Mitglied im Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. und engagiert sich in vielfältiger Weise für den Wiederaufbau des Gotteshauses. Durch ihr wissenschaftliches Herangehen an die Kunstwerke schafft sie neue Perspektiven in der Sicht der Dinge, die immer mit einer Vertiefung des Wissens über die Kunstschätze einhergehen.

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Nora Ketschebach (Alt-Blockflöte) und Stefanie Bentert (Gitarre)

Auftakt-Video

Nora Ketschebach und Stefanie Bentert gaben den musikalischen Auftakt bei dem ersten Vortrag von apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba im Rahmen dieses ersten Dreiklangs über den Böhmischen Marienaltar von 1380 in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche. Gudrun Gleba berichtete in ihrem ersten Dreiklangvortrag mit dem Titel "Helferinnen in der Not" über ihre Recherchen über den Gotischen Marienaltar in Rathenow und verwies auf interessante Untersuchungen, die belegten, dass der Rahmen des Altars wohl aus märkischem Kiefernholz geschaffen wurde, während die vier Heiligenfiguren wohl aus einer böhmischen Werkstatt kamen.

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Video

Das Retabel (Altaraufsatz) hat in der Mitte fünf Frauen abgebildet. Maria, die Gottesmutter, steht in der Mitte und hält ihren Sohn Jesus auf dem Arm. Die Frauen tragen alle eine Krone, Maria als Himmelskönigin und die anderen vier die Märtyrerkrone. Jede der Frauen hat ein Attribut, sodass man sofort wußte, wen man vor sich hatte und die ganze Geschichte um die Nothelferin den Menschen sofort präsent war. Proffessor Gleba machte das an Grimms Märchen deutlich. Sie zeigte eine goldenen Kugel und das Publikum sagte "Froschkönig", sie zeigte einen rot und gelb gefärbten Apfel und die Zuhörer sagten "Schneewittchen" und dann zeigte sie ein Kopfkissen und alle riefen sofort "Frau Holle." So war es im Mittelalter auch. Die Menschen kannten die Legenden um die Heiligen und wenn ein Drache als Attribut von Margarete getragen wurde, fiel ihnen sofort die Lebensgeschichte der Heiligen Maragete ein, denn der Teufel ist ihr im Gefängnis erschienen. Bei der Heiligen Barbara war es ein Turm, der aber in dem Rathenower Retabel verlorengegangen ist. Und beider Heiligen Katharina ist ein ganz kleines Stückchen Rad zu sehen, weil sie mit Rädern gefoltert werden sollte. Die Heilige Dorothea hat ein Körbchen mit Rosen und Äpfeln und so ließe sich die ganze Palette der Heiligen fortsetzen, denn alle haben ein Attribut, an dem man sie erkennen kann. Professor  Gudrun Gleba erzählte auch die Geschichte der anderen Heiligen auf den Seitenflügeln und bat nach ihrem Vortrag noch um Fragen, die dann auch reichlich gestellt wurden. Warum sind nur die fünf Frauen als Figuren dargestellt? Weil das zum Programm des Altarschnitzers gehörte, denn es gab ja für jeden Altar ein Erzählprogramm. Hier ist es Maria als Gottesmutter mit den vier Hauptheiligen (Virgines cardinales). Es gibt andere Programme wo die Geburt Jesu dargestellt wird oder die Kreuzigung. Beim Vortrag gab es auch einen Einblick in die mittelalterlichen Machtverhältnisse und die Nöte der Menschen in dieser Zeit. Professor Gudrun Gleba hat die Gabe, die Menschen recht anschaulich in die Geschichte einzuführen. Als Alle Fragen beantwortet waren, richtete Professor Gudrun Gleba noch einen Apell an alle Besucher, zur Wahl zu gehen, denn für sie stelle die nicht immer perfekte Europäische Union mit der Vielfalt der Menschen und Kulturen, die hier zu Hause sind, das Beste dar, was den Menschen seit 1945 geschenkt wurde.

 

 

 

 

 

Dr. Heinz-Walter Knackmuß 25.05.2019