1. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen

 

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Festtafel im Chorraum der
Sankt-Marien-Andreas-Kirche

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen

 

Am Ostersonntag, den 21.04.2019 wurde in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow die Ausstellung „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ eröffnet. Es war eine festlich geschmückte Tafel im Chorraum der Kirche aufgebaut worden, bei der Manuela und Irene Prüß mitgeholfen haben.  Magdalena Buchholz sang, begleitet von Hans-Martin Ermisch am Klavier „Aller Augen warten auf Dich, Herre, und Du gibest ihnen ihre Speise zu seiner Zeit, Du tust Deine milde Hand auf und sättigest alles, was da lebet, mit Wohlgefallen. Amen.“ von Heinrich Schütz (1585 – 1672).

Es ist eine Ausstellung von alten und neuen Kochbüchern und gleichzeitig auch ein Spiegel für unsere veränderten Essgewohnheiten. Das Älteste war das Brandenburgische Kochbuch von 1723 und ein handgeschriebenes Kochbuch von Herta Brunow aus dem Jahr 1923.

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Magdalena Buchholz singt begeleitet  von Hans-Martin Ermisch
Aller Augen warten auf  Dich und das Vater unser

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Wurde bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch deftig und fett gekocht, hat sich durch die Veränderung der Lebensumstände auch die Esskultur heftig verwandelt. Die schwere körperliche Arbeit ist in fast allen Bereichen weggefallen und man begegnet der Bewegungsarmut der Menschen durch Sport- und Fitnesseinrichtungen. Pfarrer Andreas Buchholz eröffnete die Ausstellung mit einer kleinen Andacht und erzähte eine Geschichte einer Frau, die sich angeblich nur von Licht ernähren konnte.

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Das Essen in der jüdischen Gesellschaft findet am Freitagabend seinen familiären Höhepunkt. Mit dem Sonnenuntergang am Freitag beginnt für die Juden der Sabbat, der bis zum Sonnenuntergang am Samstag dauert. Zwei Stunden vor dem Sabbatbeginn deckt die Hausfrau den Tisch mit koscherem Wein und zwei Broten unter einem Tuch und zündet zwei Kerzen an. Auch Salz steht auf dem Tisch. Die ganze Familie wird gebadet oder wäscht sich gründlich.

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Dann füllt der Vater ein Glas Wein und spricht laut oder leise: „Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken.“ Der Vater trinkt einen Schluck Wein und gibt dann allen Teilnehmern auch davon. Dann wäscht er sich noch einmal die Hände, nimmt das Tuch von den Broten und schneidet ein Stück ab, stippt es in Salz, isst davon und gibt auch jedem Teilnehmer ein Stück Brot. Das Brot soll die Israeliten auch an den Auszug aus Ägypten erinnern, wo es kein Fleisch gab. Damit fängt die Mahlzeit aber erst an. Es gibt allerlei Leckerbissen und es wird gesungen oder vorgelesen.

 

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Magdalena Buchholz singt begeleitet von Hans-Martin Ermisch
Alle guten Gaben

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Der Jude Jesus Christus hat mit dem letzten Abendmahl allen Christen geboten, Brot und Wein als sein Leib und sein Blut bei jedem Gottesdienst zu sich zu nehmen, um daran zu erinnern, dass er seinen Leib und sein Blut zur Vergebung der bösen Taten der Menschen gegeben hat und die Menschen damit vor Gott von Schuld befreit hat. Dieses Abendmahl ist von zentraler Bedeutung für Christen und so spannt sich ein großer Bogen von dem Beginn des Sabbat bei den Juden zu dem Abendmahl der Christen. Neben den Speisevorschriften der Juden, die als strengste Lebensmittelvorschiften weltweit gelten und die man im Alten Testament nachlesen kann, haben auch die Christen Speisevorschriften, die aber nach und nach verwässert wurden. Zum Beispiel essen fromme Christen am Freitag kein Fleisch, deshalb heißt der Freitag auch bei vielen Christen Fischtag. In Brandenburg haben die Mönchsorden bei der Errichtung ihrer Klöster immer darauf geachtet, dass ein See oder ein Fluss in der Nähe war, damit man am Freitag Fisch essen konnte und wenn kein See in der Nähe war, hat man Fischteiche angelegt. Diese Eiweißquelle war auch während der langen Fastenzeiten vom 1. Advent bis Weihnachten und von Aschermittwoch bis zu Ostern wichtig. In unseren Tagen machen zwar ganz viele Menschen Schlankheitskuren, aber vom Fasten will kaum jemand mehr etwas wissen. Ein gutes Essen ist Balsam für die Seele. In der kleinen Andacht wies er schon darauf hin, dass der menschliche Körper nicht nur vom Sonnenlicht leben kann, sondern auch etwas Nahrung bedarf, damit die Seele überhaupt zum Klingen gebracht werden kann.

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Die Ausstellung folgt einer Idee von Dr. Heinz-Walter Knackmuß, der eine Festtafel im Chorraum aufgestellt hatte und auch Linsensuppe gekocht hatte, wie Jakob sie einst seinem Bruder Esau aufgetischt hatte und dafür das Ersgeburtsrecht ergaunerte. Diese Geschichte aus dem Alten Testament wird erzählt. Holger Schiebold, CDU-Kreistagsabgeordneter und Vorsitzender des Wirtschaftsausschuss war mit seiner Frau Sigrid auch zur Eröffnung der Ausstellung erschienen und bekam ein kleines Lied gesungen und einen Blumenstrauß überreicht, denn er feierte am Ostersonntag seinen 71. Geburtstag. Und es gab Linsen, wie sie nach einer jüdischen Überlieferung von Jakob für seinen Bruder Esau gekocht wurden. Esau war der Erstgeborene Sohn von Isaak und Rebekka, so berichtet die Bibel im Alten Testament und hatte natürlich das Erbrecht, denn sein Zwillingsbruder Jakob kam 20 Minuten später zur Welt. Esau war behaart und ging gern zur Jagd, während Jakob lieber am Rockzipfel der Mutter Rebekka hing. Als Esau einmal erfolglos von der Jagd zurückkam, hatte Jakob Linsen gekocht. Das sind andere Linsen, als wir sie kennen. Es werden Zwiebeln in Olivenöl angebraten und dann gibt man Lammfleischstücken dazu und brät alles kräftig an. Danach gibt man die Linsen und in Wein eingelegt Rosinen dazu und schmeckt alles mit Zimt, Kümmel, Salz und Pfeffer ab und lässt das Gericht auf niedriger Flamme köcheln. Kartoffeln gab es damals noch nicht, denn Kolumbus hatte Amerika noch gar nicht entdeckt. Das ganze Zelt roch nach diesen Linsen und Esau hatte Hunger und sagte zu seinem Bruder: „Gib mir mal was von Deinen Linsen!“ Aber Jakob sagte: “Nein, ich gebe Dir nichts davon, außer Du verkaufst mir Dein Erstgeburtsrecht.“ „Was soll ich mit dem Erstgeburtsrecht, wenn ich vor Hunger sterbe,“ erwiderte Esau und versprach und schwor ihm alles, was er wollte. Esau aß mit gutem Appetit die Linsen und fühlte sich wieder besser. Als der alte schon fast blinde Vater Isaak zum Sterben kam, rief er seinen ältesten Sohn Esau und sagte zu ihm: „Schieß mir mal ein schönes Wildbret und mach mir ein Essen, dann will ich Dich segnen und Du bist dann der Erbe.“ Also machte sich Esau auf die Jagd und die alte Rebekka rief ihren Lieblingssohn Jakob zu sich zu sich und beauftragte ihn, ein Zicklein zu schlachten und sie wolle dem Vater ein Essen kochen wie er es liebe und dann sollte er, Jakob, zum Vater gehen und sich den Segen holen. „Aber ich habe doch eine glatte Haut und der Vater betastet uns immer, weil er schon so schlecht sehen kann und Esau ist behaart, das merkt er.“ „Ach was,“ sagte die Mutter, „Du hängst dir ein paar Felle über, das merkt der Vater gar nicht.“ Gesagt getan. Jakob brachte dem alten Isaak das Essen und der fragte: „Bist Du Esau?“ „Jaaaa“, kam die die ängstliche Antwort. „Komm näher“, sagte der Vater und betastete ihn von oben bis unten und ließ sich täuschen. Er aß und segnete Jakob und meinte, nun könne er beruhigt sterben, aber nach einer Stunde kam Esau und wollte dem Vater das bestellte Essen bringen und sich den Segen abholen, aber der Vater sagte: „Ich habe schon gegessen und gesegnet. Zweimal vergebe ich den Segen nicht.“ Was nun folgte, kann sich jeder denken, Esau tobte und hätte seinen Bruder Jakob am liebsten umgebracht, aber der war schon längst über alle Berge, entflohen zu seinem Onkel Laban. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

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Magdalena Buchholz sang, begeleitet von Hans-Martin Ermisch,
Holder klingt der Vogelsang

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  Die Lebensmittelmärkte werben ja auch schon im September mit Schokoladenweihnachtsmännern und nach Rosenmontag mit Schokoladenosterhasen. Wer kann diesem massiven Druck schon widerstehen? In der Bibel finden wir aber nicht nur die Geschichte vom Sabbatessen oder vom Abendmahl, es sind noch ganz andere Rituale beschrieben, wie zum Beispiel ein erbberechtigter erstgeborener Sohn sein Erbrecht für ein Linsengericht verkauft und durch eine Intrige seiner Mutter auch wirklich verliert. Wer Lust hat, mehr darüber zu erfahren oder in alten Rezeptbüchern blättern möchte, ist herzlich eingeladen.

Viola und Heinz-Walter Knackmuß hatten diese Linsen nach dem alten jüdischen Rezept zur Ausstellungseröffnung mitgebracht und die Besucher der Ausstellung und der Sankt-Marien-Andreas-Kirche aßen davon, sodass die beiden Töpfe fast leer wurden. Es war ja an diesem Ostertag schon sommerliches Wetter und die Touristen bestürmten die Kirche und dass es Linsen gab, war ein besonderer Anreiz, der alle überraschte.

Die Ausstellung wird bis zum 31.05.2019 gezeigt. Der Eintritt ist frei. Die Kirche ist Samstag und Sonntag sowie an den Feiertagen von 14-16:00 Uhr geöffnet.

 

Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß 21.04.2019

 

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11.  Das Brandenburgische Kochbuch, Berlin 1723

 

 

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Festtafel zur Ausstellung

 

 

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Nr. 19 Fischbesteck

 

 

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Nr. 8 Berliner Küche, 1988

 

 

 

 

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Nr. 7 Henriette Davids Praktischs Kochbuch, 1870

 

 

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Nr. 17 Spezialitätenküche, 1973

 

 

 

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Nr. 20 Herta Brunow- Handgeschriebenes Kochbuch 1923

 

 

 

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Nr.18 Mokka-Service- Schierholz-Porzellan (Plauen/Vogtland)

 

 

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Nr. 12 Scheibler´s Kochbuch, 1920